Personal Branding: 5 Fragen an Falk Rehkopf
Immer mehr Menschen entdecken das Potenzial von Personal Branding für sich. Andere wiederum wissen noch nicht so richtig, ob und wo sie anfangen sollen. In unserer Interviewreihe „Personal Branding: 5 Fragen an…” sprechen wir mit verschiedenen Menschen über das Thema Sichtbarkeit. Sie teilen ihre eigenen Erfahrungen, Herausforderungen und Tipps mit uns, um weitere Menschen zu inspirieren, sich und ihre Themen sichtbar zu machen. Auch Falk Rehkopf hat mit uns über diese und weitere Themen gesprochen.
Falk ist zertifizierter Systemic Business and Executive Coach und unterstützt Einzelpersonen, Teams und Organisationen, die Coaching in den Schwerpunkten Kommunikation, Karriere und Change suchen. Als Leadership Coach mit einer Spezialisierung auf Kommunikation arbeitet er mit vielen C-Level Führungskräften an einer professionellen Kommunikation und ihrer Executive Presence.
Warum sollten (oder müssen) sich gerade CEOs und Führungskräfte heute mit ihrer Personal Brand beschäftigen und sichtbar sein?
Ich erlebe es in meiner täglichen Coaching-Praxis leider viel zu oft, dass Führungskräfte sich hinter dem operativen Tagesgeschäft verstecken. Dieser Ansatz ist bei vielen von der Überzeugung getrieben, dass man „seine Arbeit für sich sprechen lasse” oder „dass es um das Team oder die Organisation gehe”. Es gibt aber sehr gute Gründe, warum dieser Ansatz nicht ausreicht.
In einer von Informationsflut geprägten Welt, ist es unwahrscheinlich, dass die Arbeit und Leistung von Führungskräften von sich aus wahrgenommen wird. Aber selbst wenn ihre Arbeit ohne eine aktive Kommunikation gesehen wird, führt das möglicherweise zu falschen Interpretationen oder wird zumindest nicht vollständig verstanden. Für mich liegt es daher in der Verantwortung von Führungskräften, ihre Leistungen zu kommunizieren und sicherzustellen, dass andere die Bedeutung und den Wert ihrer Arbeit erkennen. Eine gewollte Nebenwirkung dabei ist, dass durch diesen Kommunikationsprozess nicht nur Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden, sondern auch Vertrauensbildung stattfindet. Denn durch das aktive Teilen von ihren Erfahrungen, Storys und Erfolgen können Führungskräfte Vertrauen bei anderen aufbauen und die eigene Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit sowie den eigenen Einfluss in ihrer Organisation und Industrie stärken.
Sich systematisch mit der eigenen Personal Brand auseinanderzusetzen, ist natürlich auch eine fantastische Möglichkeit, über sich selbst nachzudenken und die eigene Anpassungsfähigkeit und persönliche Weiterentwicklung aktiv voranzutreiben. Motivation, Werte, Interessen und die eigene Karriere verändern sich im Laufe der Zeit. Wenn man sich nur auf die eigene vergangene Arbeit verlässt, wird es schwierig, sich neu zu positionieren oder sich in neuen Bereichen erfolgreich zu etablieren.
Auch wenn viele gute Gründe dafür sprechen, dass sich Führungskräfte mit ihrer Personal Brand beschäftigen, können sie sich natürlich dagegen entscheiden. CEOs haben diese Wahl nicht, denn ihre persönliche Reputation ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskommunikation und damit ein wichtiger Input zur Steigerung der Unternehmensreputation. Wir leben in einer von Reputation getriebenen Gesellschaft und da kann ein effektiv kommunizierender CEO klare Wettbewerbsvorteile erwirtschaften. Dazu müssen CEOs sich systematisch neue Fähigkeiten aneignen.
Was ist deiner Meinung nach wichtiger im Kontext Personal Branding: Storytelling oder Netzwerken? Warum?
Die Verbindung macht’s: Beim Networking geht es ja nicht um einen Wettbewerb um möglichst viele Verbindungen, sondern darum, Beziehungen so aufzubauen und zu pflegen, dass dadurch neue Möglichkeiten wie ein neuer Job, eine neue Geschäftsverbindung oder eine Akquisition entstehen. Personal Branding ist der bewusste Versuch, Einfluss darauf zu nehmen, wie andere dich wahrnehmen. Und genau hier kommt das Storytelling ins Spiel, denn effektives Storytelling verbindet Fakten mit Gefühlen und bildet so die beste Grundlage, einen zielorientierten und bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Gutes Storytelling ermöglicht authentische und fesselnde Geschichten rund um deine Persönlichkeit, deine Fähigkeiten und deine Erfahrungen aufzubauen. Durch Storys kannst du deine Einzigartigkeit hervorheben, Emotionen wecken und deine persönlichen Zielgruppen dazu bringen, sich mit dir zu identifizieren. Eine eindrucksvolle persönliche Story stärkt dein Branding und bringt Menschen dazu, sich besser an dich zu erinnern.
Netzwerken ist aber ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Ein starkes berufliches Netzwerk kann dazu beitragen, die persönliche Sichtbarkeit zu erhöhen, den Zugang zu wichtigen Ressourcen zu sichern und Chancen für berufliche Weiterentwicklung zu eröffnen. In vielen Fällen kann ein starkes Netzwerk sogar dazu beitragen, deine persönliche Geschichte weiter zu verbreiten.
Letztendlich hängt die Bedeutung von Storytelling oder Netzwerken im Personal Branding von deinen individuellen Zielen ab. Wenn du in einem stark wettbewerbsintensiven Bereich arbeitest, kann ein breites Netzwerk von entscheidender Bedeutung sein. Wenn du jedoch deine Einzigartigkeit und deine Persönlichkeit hervorheben möchtest, kann Storytelling im Vordergrund stehen. Ideal ist es, eine ausgewogene Strategie zu entwickeln, die beide Elemente miteinbezieht, um dein Personal Branding maximal zu stärken.
Im Bereich Personal Branding kommt vermehrt KI zum Einsatz (z.B. ChatGPT für das Verfassen von Content). Welche Chancen und Risiken siehst du im Einsatz von KI für das eigene Personal Branding?
Algorithmen reduzieren uns alle – ob Berufsanfänger:in, Expert:in oder Senior Business Leader – auf Datenpunkte. Daher ist für mich das derzeit größte Risiko, die vielen neuen Möglichkeiten, die mit KI-getriebenen Technologien einhergehen, zu ignorieren und nicht zu nutzen. Viele zögern aus verschiedenen Gründen, aber gerade jetzt ist es entscheidend, diese neuen Möglichkeiten zu erkunden und die Vorteile neuer Technologien systematisch zu nutzen.
Tatsache ist, dass KI-gesteuerte Tools bereits heute in vielen Unternehmensbereichen, selbst wenn wir es vielleicht nicht immer bemerken, eingesetzt werden. Eine starke Personal Brand oder Leadership Brand können bei dieser voranschreitenden Entpersonalisierung zum Beispiel in der Talent Acquisition und im Recruitment von unschätzbarem Wert sein.
Jahrelang wurde uns gesagt, dass KI uns nicht ersetzen wird, solange wir uns auf unsere Kreativität und andere einzigartige menschliche Fähigkeiten konzentrieren. Doch jüngste Entwicklungen zeigen, dass KI weitaus mehr kann, als nur Daten zu verarbeiten und zu analysieren. Sie kann professionelles Design auf höchstem Niveau schaffen und Texte verfassen, die viele Berufsgruppen, von Journalisten über Ingenieure und Anwälte bis hin zu Marketingexperten, potenziell verdrängen.
Angesichts dieser vielfältigen Möglichkeiten des Einsatzes von KI stellt sich die Frage, wie wir uns in einer von KI geprägten Berufswelt erfolgreich positionieren können. Dazu gehört natürlich auch, die volle Bandbreite an KI-Tools für die eigene Sichtbarkeit innerhalb der eigenen Organisation und Industrie einzusetzen. Tools wie Poised für Kommunikations-Feedback in Echtzeit, Jasper für E-Mails oder BrandYourself für Online Sicherheit und Reputation Management setzen heute bereits viele erfolgreich ein.
Dabei muss jeder die sich entwickelnde Rechtslage berücksichtigen. Der im letzten Jahr vom EU-Parlament verabschiedete AI Act sieht unter anderem vor, dass Nutzer:innen bald angeben müssen, dass der von ihnen veröffentlichte Content von einer KI generiert wurde. Viele nutzen ja auch heute schon ChatGPT in umgekehrter Form, um zu überprüfen, ob Content von einem Menschen oder von einer Technologie geschrieben wurde, zum Beispiel im Rahmen einer Plagiatsprüfung.
Grundsätzlich ist es meiner Meinung nach wichtig, Vorhersehbarkeit zu vermeiden, denn KI basiert auf Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten. Wenn du also ChatGPT zur Content-Erstellung nutzt, kannst du dich gegen die vorhersehbaren Muster entscheiden, um dich von der Masse abzuheben. Schreib also bewusst das Gegenteil oder setze auf Überraschungen und Unkonventionelles, gerade wenn alle anderen auf KI setzen.
Eine weitere entscheidende Strategie ist die bewusste Entwicklung deiner persönlichen Marke. Durch die Auseinandersetzung mit deiner beruflichen Geschichte und Motivation, deinen Werten und Fähigkeiten kannst du eine klare, kommunizierbare Version deines einzigartigen Wertbeitrags schaffen. In einer Welt, in der der Wettbewerb um Aufträge, Positionen und Budgets durch KI intensiviert wird, kann deine starke persönliche Marke den entscheidenden Unterschied ausmachen. Die Macht der Markenbildung funktioniert nämlich auch in diesem neuen Umfeld, da eine klare Positionierung als Qualitätssiegel für Entscheidungsträger dienen kann.
Was macht aus deiner Sicht guten, effektiven Content aus? Worauf sollte man achten?
Im Grunde ist es sehr einfach – effektiver Content ist zeitgemäß, relevant und wertvoll für die Zielgruppe. Es geht um die Frage: Bringt der Content die Zielgruppe dahin, wo sie hin will? Und genau das erfordert ein systematisches Vorgehen und eine konsistente Umsetzung.
Leider entscheiden sich viele dafür, Inhalte ohne eine klare Strategie zu posten. Dies führt oft zu einer Sammlung von zusammenhanglosen Inhalten, denen ein einheitliches Thema und Ziel fehlt. Das Festlegen relevanter Ziele sollte daher das Fundament einer Content-Strategie bilden.
Eine weitere Falle ist meiner Meinung nach die Tendenz, die Inhalte von Wettbewerber:innen, Kolleg:innen oder Peers aus der Industrie einfach zu kopieren. Mit einem solchen Ansatz sind Einzigartigkeit und Authentizität quasi ausgeschlossen. Außerdem kenne ich einige Personen, die sich stark auf KI zur Erstellung von Content verlassen. Obwohl KI-Tools natürlich sehr hilfreich sind, ist eine übermäßige Abhängigkeit schlecht für die eigene Glaubwürdigkeit und das Entwickeln einer eigenen Stimme.
Der Aufbau einer erfolgreichen, persönlichen Marke hängt in der Tat zum größten Teil von der jeweiligen Fähigkeit ab, relevanten Content zu erstellen. Das Teilen von Expertise, Reflexionen und Wissen durch verschiedene Inhaltsformate, wie Artikel und Videos, ist maßgeblich daran beteiligt, sich als Autorität zu etablieren und ebnet so den Weg für neue Möglichkeiten. Dazu braucht es eine gut strukturierte Content-Strategie, die eine sorgfältige Planung von Themen, Inhaltstypen, Distributions-Plattformen sowie einen Veröffentlichungsplan umfasst.
Wenn es um Content geht, dann geht es nicht ohne Vielfalt. Ich empfehle die Arbeit mit Storytelling, Thought-Leadership und persönlichen Meilensteinen beim Aufbau des Content-Portfolios. Wertvoller Content ist auf die Zielgruppe zugeschnitten, sollte regelmäßig veröffentlicht werden und eine Mischung aus Inhaltstypen, einschließlich Text und Visuellem, umfassen.
Bei der Content-Erstellung ist es wichtig zu bedenken, dass wir immer für zwei große, sehr unterschiedliche Zielgruppen schreiben: Menschen und Maschinen. Während es von größter Bedeutung bleibt, menschlichen Zielgruppen einen Mehrwert zu liefern, ist die Integration von beispielsweise SEO-Best Practices entscheidend, um die Auffindbarkeit des Contents zu gewährleisten.
Was ist deine Botschaft an Führungskräfte, die für ihr Thema brennen, sich aber nicht trauen, sich dafür sichtbar zu machen?
Meine Botschaft ist: Vertraut in eure Leidenschaft und Expertise. Eure Meinung und euer Wissen sind wertvoll und werden einen positiven Einfluss haben. Sich sichtbar zu machen, kann nicht nur die Karriere vorantreiben, sondern auch dazu beitragen, wichtige Veränderungen in der eigenen Branche oder Organisation herbeizuführen.
Ich empfehle, schrittweise zu beginnen und erste Gedanken und Ideen in kleinem Rahmen zu teilen – sei es in Teammeetings, auf sozialen Medien oder in Fachgruppen. Nutzt jede Gelegenheit, um euer Wissen zu teilen. Mit der Zeit werdet ihr feststellen, dass euer Einfluss wächst, und ihr werdet mehr Vertrauen in eure Fähigkeiten gewinnen.
Sichtbarkeit kommt nicht nur den Führungskräften selbst, sondern auch ihrem Team und ihrer Organisation zugute. Wenn Führungskräfte im Hintergrund und damit in ihrer Komfortzone bleiben, verweigern sie ihrer Branche, der Organisation, für die sie arbeiten und sich selbst die transformative Wirkung, die sie haben könnten.
Personal Branding bedeutet nicht nur Selbstvermarktung; es ist ein Mittel, um Fachwissen, Erfahrungen und Erkenntnisse sowie Ideen und Visionen mit einem breiteren Publikum zu teilen. Es ermöglicht, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, Innovationen zu fördern und positive Veränderungen zu inspirieren. Zudem fördert eine systematische Auseinandersetzung mit der eigenen Personal Brand ein tiefes Verständnis für die bereits vorhandenen Stärken, aber auch Potenziale und gibt damit klare Impulse für die persönliche Weiterentwicklung.
Wenn ihr in die Sichtbarkeit geht, fördert ihr also nicht nur eure Karriere, sondern werdet auch zum Katalysator für Fortschritt. Eure Stimme verdient es, gehört zu werden.
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