Personal Branding: 5 Fragen an Eva Gengler
Jede Person kann ein Vorbild für eine weitere Person sein. Aus diesem Grund haben wir unsere Interviewreihe „Personal Branding: 5 Fragen an…” ins Leben gerufen. Wir sprechen mit verschiedenen Menschen über ihren Weg in die Sichtbarkeit, um weitere Menschen zu inspirieren, Fürsprecher:innen für ihre Themen zu sein. Auch Eva Gengler hat mit uns über ihre Erfahrungen gesprochen.
Eva ist Doktorandin am Schöller-Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ihre Forschung konzentriert sich auf Künstliche Intelligenz aus feministischer Perspektive, insbesondere auf KI-Governance und den Einfluss von KI-Anwendungen auf die Gesellschaft im Allgemeinen sowie auf marginalisierte Menschen im Besonderen. Um ihre Erkenntnisse auch in Wirtschaft und Gesellschaft umzusetzen, hat sie den Think Tank FemAI – Center for Feminist Artificial Intelligence GmbH co-gegründet und hat EU-geförderte Projekte zu KI und Feminismus geleitet. Darüber hinaus ist sie Co-Gründerin der Organisations- und IT-Beratung enableYou Consulting GmbH und ehrenamtliches Vorstandsmitglied von erfolgsfaktor FRAU e.V.
Für welche Schwerpunktthemen möchtest du sichtbar sein? Warum hast du dich für diese Themen entschieden?
Meine Themen haben sich aus dem entwickelt, was ich tue. Ich habe mich viel mit Künstlicher Intelligenz und deren Einfluss auf die Gesellschaft und insbesondere marginalisierte Gruppen beschäftigt und dann habe ich auch angefangen, Gedanken, Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschung und Unternehmerinnen-Dasein zu teilen.
Mein Thema hat sich immer mehr geschärft. Heute weiß ich, dass ich für den Zusammenhang von Macht in unserer Gesellschaft und Organisationen und wie man ihn zum gerechteren verändern kann, brenne. Wir brauchen dringend eine Veränderung in der Art, wie wir als Gesellschaft und in Organisationen Macht verteilen. Ich möchte darauf aufmerksam machen und Lösungswege aufzeigen.
Meine Lösung für die Benachteiligung marginalisierter Gruppen in unserer Gesellschaft und in Organisationen ist Feministische KI und TEAL. Für dieses Zusammenspiel möchte ich sichtbar sein.
Netzwerken fällt vielen schwer. Welche pragmatischen Tipps hast du?
Netzwerken im analogen Umfeld fällt mir dann schwer, wenn ich vom Kopf her voll und erschöpft bin. Mein Tipp ist daher, sich vor Netzwerkveranstaltungen Zeit für eine Pause zu nehmen, denn Netzwerken kann sehr kraftraubend sein. Wenn wir platt sind, dann strahlen wir selten das aus, was wir zeigen wollen. In solchen Fällen ist dann vielleicht das Auslassen einer Veranstaltung die bessere Wahl.
Netzwerken im digitalen Umfeld läuft viel mehr asynchron und kann zeitlich getaktet werden. Mir hilft es, morgens Zeit für das Schreiben von Inhalten und das Beantworten von Nachrichten zu nehmen. Ich merke, dass es mich stresst, wenn ich viele unbeantwortete Nachrichten habe – ich versuche sie daher möglichst schnell abzuarbeiten. Zudem finde ich es wertschätzend, zeitnah auf eine Nachricht einzugehen. Timeboxing hilft mir dabei, zu priorisieren und nicht die Zeit zu vergessen.
Im Bereich Personal Branding kommt auch vermehrt KI zum Einsatz (z.B. ChatGPT für das Verfassen von LinkedIn Beiträgen). Welche Chancen und Risiken siehst du im Einsatz von KI für das eigene Personal Branding?
Ich denke, dass KI uns sehr unterstützen kann, um Prozesse zu automatisieren und die Hürden für Content-Erstellung somit kleiner zu machen. Hier können KI-Tools sehr nützlich sein bspw., um Posts ein- und vorzuplanen – wobei ich persönlich meistens Schreiben und Posten morgens in einem mache, denn das fühlt sich für mich echter an. KI kann auch hilfreich sein, um Qualitätschecks wie eine Rechtschreibprüfung durchzuführen.
Ich weiß, dass viele Menschen ihre Posts mittlerweile von KI-Tools wie ChatGPT (vor)schreiben lassen. Ich mache das tatsächlich kaum, weil ich oft mit der Art des Schreibstils nicht ganz zufrieden bin und mir die Wortwahl nicht so gut gefällt. Das könnte ich zwar durch gezieltes Prompten verändern, ich schreibe allerdings recht gerne meine Botschaften selbst.
Ich denke, dass es beim Einsatz von KI wichtig ist, zu hinterfragen, für welchen Zweck sie trainiert worden ist und was sie deshalb gut und was nicht so gut kann. ChatGPT kann gut formulieren. Was es nicht unbedingt kann, ist Wahrheiten wiedergeben. Deshalb sollten die Inhalte von der Person vorgegeben werden und ChatGPT kann dazu genutzt werden Inhalte sinnvoll zu arrangieren, ggf. zu kürzen oder die wichtigsten Punkte hervorzuheben. Falls KI auch für die Generierung von Inhalt verwendet wird, sollten zumindest die Ergebnisse der KI kritisch hinterfragt werden, denn ChatGPT z.B. kann „halluzinieren“ und fehlerhaften, gebiasten und veralteten Content generieren.
Zudem bin ich der Meinung, dass mit einer KI wie ChatGPT eher mittelmäßiger Content produziert wird, weil er sich an der statistischen Norm orientiert, aber nicht unbedingt bemerkenswerte Impulse gesetzt werden. Teilweise ist es auch recht leicht zu erkennen, welche Posts mit ChatGPT geschrieben worden sind, da der Aufbau immer wieder ähnlich ist. Das ist nicht unbedingt schlimm. Sich Unterstützung zu holen ist legitim. Aber wenn die Inhalte nicht von der Person selbst kommen, dann wird das Personal Branding und die Positionierung der Person langfristig darunter leiden.
Mein Fazit: Wir können KI-Tools zur Unterstützung, zur Erleichterung der Prozesse und zur Qualitätskorrektur sehr gut einsetzen, aber wir sollten nicht unser Denken und unsere kreative Arbeit damit ersetzen.
Was sind deine persönlichen Learnings, wenn es um den Zeitaufwand von Sichtbarkeit geht?
Sichtbarkeit ist aufwändig. Ich finde aber, dass sich der Zeitinvest sehr schnell lohnt. Ich habe so viele großartige Kontakte über LinkedIn kennengelernt, die ich ohne eine gewisse Sichtbarkeit so nie bekommen hätte.
Mir hilft es, die Posts morgens zu schreiben mit einer festen Deadline, wann ich sie hochlade. Ich gehe dabei mit einer 80/20 Mentalität vor. Es muss nicht perfekt oder weltbewegend sein. Social Media ist sehr kurzlebig. Ich möchte aber ehrlichen und wissenswerten Content teilen. Ich poste nur, wenn ich auch passende Themen dafür habe.
Im Grundsatz versuche ich 2-3 Mal pro Woche zu posten, Mal ist es öfter und Mal ist es seltener. Wenn ich jeweils ca. 30 Minuten für einen Post und ein bisschen Interaktion brauche, dann finde ich den zeitlichen Invest überschaubar und ich habe das Gefühl, dass ich ein bisschen dazu beitragen kann, Awareness zu meinem Herzensthema zu schaffen.
Was ist deine Botschaft an Frauen, die total für ihr Thema brennen, sich aber nicht trauen, sich dafür sichtbar zu machen?
Meine Botschaft ist ganz klar: Mach es einfach! Es fühlt sich anfangs (und immer wieder auch Mal später) komisch an, aber es ist so großartig, Themen zu teilen, für die wir brennen. Es muss nicht perfekt sein. Es muss nicht weltbewegend sein. Es muss einfach nur etwas sein, das dir wichtig ist. Einfach machen!
Wenn ein Post Mal nicht läuft (und das muss nicht unbedingt an der Qualität des Posts liegen), dann sehen den Post eh nicht viele. Es kann also eigentlich gar nichts schief gehen und wenn du dich traust, dann motiviert das vielleicht auch andere, sich zu trauen. Und wir brauchen einfach noch viel mehr sichtbare Frauen, die ihre Träume, Visionen und Lösungen mit uns teilen, um die vorherrschende Macht zu verändern und unsere Welt gerechter zu machen!
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